In den letzten Jahren ist in allen Bereichen der Gesellschaft von „Performance“ die Rede. Akteure aus den unterschiedlichsten Disziplinen der Bildenden Kunst, Literatur, Musik, Medien, Architektur, des Tanzes und Theaters nennen ihre Auftritte Performances. Liegt der Reiz in ihrer Vergänglichkeit, so rührt die bleibende Aktualität in der Bildenden Kunst daher, dass Performances in einer Zeit der Umbrüche und Unsicherheit, in der vereinzelte Individuen ihr Heil im zielgerichteten Streben nach schnellen und messbaren Erfolgen suchen, die Möglichkeiten
des langfristigen Experimentierens und des Bewußtseins von Dauer offen halten.
Mit SPRINGFLUTEN geht das erfolgreiche 1. Performance- Festival auf Salzau in seine zweite Runde und wird um Video-Performances erweitert. SPRINGFLUTEN soll ein Forum für Performances in Norddeutschland sein, das ein interessiertes Publikum mit Künstler- und TheoretikerInnen zusammenbringt. Allein dieses Jahr werden KünstlerInnen aus sechs Ländern und drei Kontinenten dabei sein und die internationale Vernetzung der Performance-Kunst über diesen neuen Knoten fördern. Auf dem Programm stehen neben 14 Live-, 17 Video- sowie drei Musikperformances.
Bieten diese Festivalbeiträge einen Überblicke über die Vielfalt der Performance Art, so haben KünstlerInnen und BesucherInnen des Festivals über den Augenblick hinaus die Möglichkeit des Rückblicks und der Auseinandersetzung mit dem, was geblieben ist. In der Relic Lounge wird sichtbar, welche Gegenstände, Überreste, Artefakte und Erzählungen ihre Kraft behalten haben und die Erinnerung an eine Performance wecken oder wach halten. In einem Umfeld, das sich selbst aus Relikten dieser Kunst zu sammensetzt, wird damit ein Stück Geschichte der Performance Art erlebbar.
Ein lebendiger Teil dieser Geschichte ist unser Ehrengast Tehching Hsieh. Die konzeptuelle Strenge seiner one-year-performances, die den Geist der Kunst der 1970er radikal zugespitzt haben, machten ihn international bekannt.
Das Team wünscht sich, auch im Namen der Künstler, dass SPRINGFLUTEN ein experimentelles
Laboratorium wird, das allen Beteiligten Einblicke und Anregungen bieten kann, und dafür sorgen, dass Performances weiterhin Anreger und Motor – heute auch im Sinne von Entschleunigung – sein können.
Text: Lothar Johannes Schröder